Written by Philipp
Big Game im Süßwasser- der Mekongwels
Bangkok Ende Juli. Obwohl es erst sieben Uhr morgens ist, misst das Thermometer schon fast 30 Grad. Schwül und stickig ist es in der pulsierenden 7-Millionen-Metropole, typisch Monsunzeit eben.
Nach elf Stunden Flugzeit folgt die Fahrt zum Hotel, ein kurzer check-in und dann wartet auch schon das bestellte Taxi und der freundliche thailändische Fahrer empfängt mich mit einem breiten Grinsen und einem freundlichen „Fishing?“.
Etwa eine dreiviertel Stunde benötigt er bis an den Stadtrand. Dann biegt er von einer der geschäftigen Verkehrsadern ab. Die Straße wird schmaler, holpriger und die zahlreichen Shops Läden weniger. Dafür säumen landestypische Garküchen das Straßenbild, es riecht nach gegrilltem Fleisch und exotischen Gewürzen. Am Ende stehen wir vor einem großen Parkplatz und palmenbedeckten, offenen Hütten, durch die ich ihn sehen kann- den Bungsamran.
Dieser ca. 7 ha große See –ursprünglich aus einem Sumpf entstanden- gilt als Mekka für Großfischangler aus der ganzen Welt, die sich mit der unbändigen Kraft exotischer Fische wie siamesischen Riesenkarpfen, Arapaimas oder diversen Welsarten messen wollen. Dominierende Spezies in diesem Gewässer ist aber sicher der Mekongwels.
Ich bin sofort elektrisiert. In einiger Entfernung zum Ufer durchbrechen ihre gewaltigen Leiber immer wieder die Wasseroberfläche, ein stattlicher Arapaima schraubt sich aus dem Wasser und verschwindet laut klatschend wieder in den trüben Fluten. Ich kann es kaum erwarten, bis mein thailändischer Guide mich endlich abholt und zu einer der zahlreichen Angelhütten bringt, die auf Pfählen im Wasser stehen. Zu meiner Verwunderung ist der See wie ausgestorben, lediglich zwei weitere Angler sind schon am fischen. Allerdings in deutlicher Entfernung, sodass ich die Fläche vor mir ganz für mich alleine hab. Inzwischen ist es kurz nach zehn.
Der Guide –Alley- beginnt sofort damit einen großen Sack mit Getreidemehl zu öffnen. Mit Wasser angemischt wird ein apfelsinengroßer Ball um eine Futterspirale geknetet, die unter einer Pose an 0,50-er monofiler Hauptschnur baumelt. Vervollständigt wird das Ganze von einem großen Einzelhaken, der ohne jeglichen Köder an einem sehr kurzen Rig aus dicker Geflochtener angebunden ist.
Mein Zielfisch: der Mekongwels. Dieser ursprünglich im Mekong-Delta beheimatete Planktonfresser ist dort durch Überfischung und Dammbau fast ausgerottet.
Das um die Spirale geknetete Futter löst sich im Wasser langsam auf und bildet eine Futterwolke, durch diese die Mekongwelse dann mit weit aufgerissenem Maul schwimmen und das Wasser filtern. Dabei saugen sie dann auch den Haken bzw. die ganze Futterspirale ein. Schnell landete die erste Montage an ihrem Platz in ca. 40 m Entfernung. Mit der zweiten Rute versuchte ich mein Glück auf die deutlich weniger zahlreichen siamesischen Riesenkarpfen. Gleiches Schema, nur diesmal als Grundmontage mit ein paar Pop Up-Maiskörnern als Hakenköder.
Zum Auswerfen kam ich nicht mehr, denn schon surrte der Baitrunner der zuvor ausgebrachten Rute los. Obwohl es inzwischen über dreißig Grad warm war, bekam ich eine Gänsehaut. Ein AdrenAlleynstoß durchfuhr meinen vom Flug erschöpften Körper und ich sprintete zur Rute. Anschlag und- nichts! Ich war leider nicht schnell genug. Doch keine fünfzehn Minuten später ging die Pose erneut auf Tauchstation und ich bekam meine nächste Chance. Der Anhieb saß diesmal und was dann folgte werde ich nicht so schnell vergessen.
Giant Mekong Catfish heißt der Mekongwels auf Englisch und macht seinem Namen alle Ehre. Nicht nur seine Ausmaße sind gigantisch (schließlich gilt er als größter Süßwasserfisch der Welt, der Gewichte über 300kg erreichen kann), auch seine Kampfkraft stellte alles was ich bisher mit Rute und Rolle erbeutet habe in den Schatten. Der Fisch am anderen Ende der Leine schien keinerlei Notiz von mir zu nehmen. Seine erste unstoppbare Flucht ging Richtung Grund des zwischen 3,50 m und 12 m tiefen Sees. Dort zog er unbeirrt seine Bahnen. Obwohl ich mit der kurzen, kräftigen Rute konstant Druck ausübte, hatte ich keine Chance ihn in meine Richtung zu manövrieren. Ich gewann nur etwas Schnur, wenn seine selbstgewählte Route durch das Gewässer zufällig mal in meine Richtung verlief. Die gewonnenen Meter riss er mir allerdings mit der nächsten brachialen Flucht schon wieder von der Spule. Nach etwa zehn Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, war ich klitschnass geschwitzt und mein rechter Arm schmerzte zunehmend. Mein erster Mekongwels kam langsam näher. Auch ihm schienen langsam die Kräfte auszugehen. Ich zerrte an der Rute und hoffte, er würde sich nun langsam ergeben oder zumindest mal an der Oberfläche zeigen. Doch weit gefehlt. Er stand weiterhin tief und legte eine Flucht nach der anderen hin, bis es schließlich direkt vor den hölzernen Stelzen der Hütte zum Nahkampf kam. Ich gab alles um ihn von den muschelbewachsenen Hindernissen fernzuhalten und nach weiteren Minuten des zähen Tauziehens zeigte sich mein Gegenüber dann wenigstens einmal. Zwei, drei kurze Sprints später, ein Schwall Luftblasen aus der Tiefe und mein erster Mekongwels glitt in die Keschermaschen.
Voller Ehrfurcht vor der Kraft und Ausdauer des urigen Fisches entließ ich ihn nach einem kurzen Foto wieder in sein Element.
Alley hatte mir vor diesem Drill noch von einem anderen Angler erzählt, der bereits nach zwei Drills so erschöpft war, dass er den Angeltag abbrach. Und Eddie Mounce, der die Session für mich arrangiert hatte, meinte es wäre unwahrscheinlich, dass ich überhaupt bis zum Ende des Angeltages (also bis 18 Uhr) durchhalte. „Spätestens um vier fallen den meisten die Arme ab.“ Ich hielt das doch für reichlich übertrieben, Anglerlatein eben. Aber jetzt war ich dankbar für den Kampfgurt, den mir Alley hinhielt. Kurze Zeit später sollte ich ihn dann auch schon benötigen.
Um einen langen Angeltag kurz zu machen: ich erlebte eine unvergessliche Session. Im Abstand von vielleicht zehn, fünfzehn Minuten folgte Run auf Run. Am Ende des Tages hatte ich von 34 Läufen 27 Fische landen können.
Zum Mittagessen musste ich die Ruten einholen, um wenigstens etwas Ruhe zu bekommen und meine verbrauchten Akkus etwas aufzuladen.
Neben 21 Mekongwelsen mit Gewichten zwischen 32 und 54 Pfund waren auch 6 Striped Catfish darunter, eine etwas kleinere asiatische Welsart. Der einzige gehakte Karpfen stieg leider im Drill wieder aus. Besonders der letzte Wels des Tages verlangte mir noch einmal alles ab. Hier gilt mein besonderer Dank nochmal Alley, der mit seiner unbezahlbaren Erfahrung und seinem unermüdlichen Fleiß mit vollem Körpereinsatz behilflich war den Fisch zu befreien, als dieser unter die Hütte flüchtete. Um viertel vor sechs am Abend wollte ich mein Glück dann nicht länger strapazieren. Nach über 30 Stunden auf den Beinen und einem Angeltag in der sengenden Sonne Thailands, nach müden Armen von Fisch auf Fisch freute ich mich endlich eine kühle Dusche genießen zu können.
Tight lines,
Philipp
P.S.: Noch 2 Tage später spürte ich die Strapazen von den Drills in den Armen.
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